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Vernetzt und engagiert25.12.2013

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BBU und DFG-VK-Landesverband NRW gemeinsam gegen Atomanlagen und Atomwaffen
(von Joachim Schramm)

Der 25. Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe im April 2011 war vor zwei Jahren nach längerer Zeit wieder Anlass zu einer engeren Zusammenarbeit von Friedens- und Anti-Atomanlagen-Gruppen. Der Jahrestag fiel auf den Dienstag nach Ostern und so wurden die Demonstrationen anlässlich dieses Tages auf den Ostermontag gelegt und zu einem Teil der Ostermärsche erklärt. Die Ereignisse in Fukushima bewirkten dann, dass an diesen Demonstrationen Zehntausende teilnahmen. Es gab einen Austausch der RednerInnen zwischen den Demonstrationen an den Atomanlagen und den Ostermärschen der Friedensbewegung.

An diese gemeinsamen Erfahrungen haben nun die DFG-VK NRW und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) angeknüpft. Wer die negativen Auswirkungen der Atomkraftwerke nicht hinnehmen will, der kann doch auch die Existenz von fast 18.000 Atomwaffen in der Welt nicht akzeptieren und umgekehrt genauso: Das war die Grundüberlegung, die zur Organisation einer Tagung am 16. November in Duisburg führte. Unter dem Titel „Atomanlagen + Atomwaffen - Zwei dunkle Seiten derselben Medaille. Gemeinsame Wege gegen nukleare Bedrohung“ wurde die Veranstaltung von den beiden Organisationen vorbereitet und von einer Reihe von Anti-Atomkraft-Initiativen und Friedensorganisationen unterstützt. Ca. 40 TeilnehmerInnen aus den beiden Bewegungen informierten sich über die aktuellen Entwicklungen in den jeweiligen Themenfeldern und diskutierten über Möglichkeiten einer intensiveren Zusammenarbeit in der Zukunft. Sie waren sich einig in der Ablehnung jeglicher Nutzung der Atomenergie sowie dem Nein zu Produktion, Lagerung und Einsatz von Atombomben und Uranmunition.

Gerade in Nordrhein-Westfalen, wo die Tagung stattfand, ist die Verknüpfung so genannter ziviler und militärischer Atomtechnik von besonderer Bedeutung: Im westfälischen Gronau befindet sich die einzige deutsche Urananreicherungsanlage. Ebenso wie bei der Urananreicherung im Iran kommen auch in Gronau Zentrifugen zum Einsatz. Mit ihnen kann Uran für den Einsatz in Atomkraftwerken, aber auch hochangereichert zur Atomwaffenproduktion hergestellt werden. Der Widerstand gegen diese Anlage und auch besonders die mit ihr verbundenen militärpolitischen Gefahren zogen sich wie ein roter Faden durch die gesamte Tagung.

Zunächst berichtete Kazuhiko Kobayashi aus Japan mit eindringlichen Worten über die Folgen der Atomwaffenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki sowie über die Folgen der Reaktorkatastrophe von Fukushima. Allein rund 300.000 Kinder sind im Umfeld des Reaktors nach wie vor einer erhöhten Strahlung ausgesetzt. Kobayashi rief nachdrücklich dazu auf, den Widerstand gegen Atomkraftwerke und Atomanlagen in ganz Europa zu verstärken. „Ein Atomunfall z.B. in Frankreich könnte zu Verseuchungen in weiten Teilen Europas führen“, so Kobayshi.

Günter Wippel aus Freiburg rief zum breiten Protest gegen den Uranabbau auf, der die Grundlage für die so genannte zivile und militärische Atomtechnik bildet. Uran wird unter starken Umweltbelastungen und Menschenrechtsverletzungen abgebaut. Wippels Forderung: „Man darf in anderen Ländern nicht forcieren, was im eigenen Land nicht akzeptabel ist.“

Regina Hagen von der bundesweiten Kampagne „atomwaffenfrei.jetzt“ warnte in ihrem Vortrag vor der drohenden Modernisierung der Atomwaffen des Typs B61, die auch im rheinland-pfälzischen Büchel stationiert sind, und informierte über die Kampagne zur weltweiten Abschaffung der Atomwaffen. Regina Hagen erläuterte: „Die Modernisierung erhöht die Gefahr des Einsatzes der Atomwaffen.“
Michael Zerkübel vom Anti-Atom-Bündnis Niederrhein prangerte den nicht vorhandenen Atomausstieg in NRW an und informierte über den Widerstand gegen die Atomanlagen und Atomtransporte zwischen Rhein und Weser. Dabei ging er besonders auf die Atomstandorte Jülich, Ahaus, Duisburg und Gronau ein. Zudem informierte er über die zahlreichen Atomtransporte, die häufig durch Nordrhein-Westfalen rollen.

Im letzten Vortrag gab Hannelore Tölke vom Landesvorstand der DFG-VK NRW eine Übersicht über die Geschichte des Widerstandes gegen Atomwaffen. Dabei erinnerte sie an die „Kampf-dem Atomtod“-Bewegung der 1950er Jahre und an die ersten Ostermärsche in Großbritannien (1959) bzw. in der Bundesrepublik (1960). Aktuell ging sie auf den Protest gegen die Atomwaffen in Büchel ein, der auch von Friedensinitiativen aus NRW unterstützt wird.

In der Abschlussdiskussion, die die Bundestagsabgeordneten Kathrin Vogler moderierte, wurden Erfahrungen früherer Aktionen ausgetauscht und Ideen für zukünftige Aktivitäten gesammelt. Allgemein wurde die enge Vernetzung der Anti-Atomkraft- und Friedensbewegung auf der bundesweiten Ebene, aber auch in internationalen Zusammenhängen, betont. Demonstrationen und Blockaden können sich dabei mit der Informationsverbreitung mittels neuer Medien und kreativer Aktionen wie Straßentheater oder Baumbesetzungen ergänzen.
Weitere gemeinsame Aktionen wurden inzwischen bei der NRW-Landeskonferenz gegen Atomanlagen am 24. November in Münster und beim Vorbereitungstreffen für den Ostermarsch Rhein/Ruhr am 3. Dezember in Essen diskutiert.

So wird am 8. März 2014 aus Anlass des Fukushima-Jahrestages eine landesweite Demonstration in Jülich an der dortigen Kernforschungsanlage stattfinden. In Jülich wird weiter an Atomtechnologie geforscht, mit der auch atomwaffenfähiges Material erzeugt werden kann. Der Ostermarsch Rhein/Ruhr soll 2014 ergänzt werden durch eine Auftaktaktion an der Urananreicherungsanlage in Gronau, zu der Friedensbewegung und Anti-Atombewegung gemeinsam aufrufen werden.
Auf der Internetseite der DFG-VK NRW sind Videos der Vorträge von Regina Hagen und von Günther Wippel abrufbar.

Joachim Schramm ist Geschäftsführer des DFG- VK-Landesverbands Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht in ZivilCourage 2013/5 im Dezember 2013

Mehr Informationen: http://www.nrw.dfg-vk.de

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