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Schattenbericht Kindersoldaten 201108.03.2011

www.aktion-rote-hand.de

Das Deutsche Bündnis Kindersoldaten legt im Rahmen des Staatenberichtsverfahrens einen Schattenbericht zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes und zum Fakultativprotokoll betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten vor
(von Dr. Hendrik Cremer)

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Inhaltsverzeichnis

04 - 1. Vorwort
06 - 2. Einleitung
08 - 3. Ausführungen zu einzelnen Vorschriften
08 - 3.1. Rekrutierung von 17-Jährigen in die Bundeswehr
09 - 3.2. Möglichkeit für Minderjährige, ihren Dienst bei den Streitkräften aus freien Stücken einzustellen
10 - 3.3. Stärkung der Menschenrechts- und Friedenserziehung
11 - 3.4. Werbung für den Einsatz der Bundeswehr im Ausland (Afghanistan)
durch die Bundeswehr an deutschen Schulen
13 - 3.5. Werbung für die Bundeswehr als Arbeitgeber und Berufsberatung, insbesondere im schulischen Bereich
16 - 3.6. Waffenexporte
19 - 3.7. Beachtung eingegangener Verpflichtungen gegenüber ehemaligen,
nach Deutschland geflohenen Kindersoldaten
21 - 4. Zusammenfassung mit Empfehlungen
24 - 5. Anhang: Zusatzprotokoll zur Kinderrechtskonvention betreffend die Beteiligung
von Kindern an bewaffneten Konflikten

Hinweis
Im Schattenbericht Kindersoldaten 2007 wurden darüber hinaus zu folgenden Themen Ausführungen gemacht:
• Verhinderung und strafrechtliche Ahndung der Einziehung und des Einsatzes von Minderjährigen in Feindseligkeiten durch bewaffnete Gruppen (Artikel 4 des Zusatzprotokolls)
• Internationale Zusammenarbeit (Artikel 7)
• Deutsche Soldaten im Auslandseinsatz (Artikel 7)
Der Schattenbericht Kindersoldaten 2007 zum Download unter: http://www.kindersoldaten.info/Lobbyarbeit.html


Im Auftrag von
Kindernothilfe e. V.
Düsseldorfer Landstr. 180, 47249 Duisburg

missio - Internationales Kath. Missionswerk e.V.
Goethestr. 43, 52064 Aachen

terre des hommes - Hilfe für Kinder in Not
Ruppenkampstr. 11 a, 49084 Osnabrück

Deutsches Komitee für UNICEF e.V.
Höninger Weg 104, 50969 Köln

Bündnisse nichtstaatlicher Organisationen zum Thema Kindersoldaten
National: Deutsches Bündnis Kindersoldaten http://www.kindersoldaten.info
International: Coalition to Stop the Use of Child Soldiers http://www.child-soldiers.org

Zum Autor
Dr. jur. Hendrik Cremer hat zur Rechtsstellung unbegleiteter Flüchtlingskinder nach dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention) promoviert. Zur Kinderrechtskonvention verfasste er bereits zahlreiche weitere Publikationen. Darüber hinaus beschäftigt er sich thematisch insbesondere mit Asyl und Migration und Rassismus. Anwaltlich arbeitete er mit dem Schwerpunkt Ausländer- und Sozialrecht. Seit Juli 2007 ist Hendrik Cremer für das Deutsche Institut für Menschenrechte tätig.



1. Vorwort

Am 20. November 2010 wurde das im Jahr 1989 von den Vereinten Nationen verabschiedete Übereinkommen über die Rechte des Kindes, auch Kinderrechtskonvention genannt, 21 Jahre alt. Eine Erfolgsgeschichte: Es ist der am meisten ratifizierte Menschenrechtsvertrag. 193 Staaten haben sich zur Umsetzung verpflichtet. Ergänzt wurde die Konvention um zwei Zusatzprotokolle (sogenannte Fakultativprotokolle), die am 12. Februar 2002 in Kraft traten.

Eines bezieht sich auf die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten und soll ihren Schutz wirksam verbessern. Es wurde inzwischen von 139 Staaten ratifiziert. Beim Thema Kindersoldaten gab es seit 2002 einige Erfolge: So ist das Bewusstsein darüber, dass die Ausbeutung von Mädchen und Jungen als Soldaten ein Verbrechen ist, weltweit deutlich gestiegen. Regierungen und Oppositionsgruppen, die Kinder für militärische Zwecke einsetzen, stehen weltweit am Pranger, in den Medien und auch in Berichten von UN-Organen wie dem UN-Sicherheitsrat. Vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag laufen mehrere Verfahren, in denen den Angeklagten vorgeworfen wird, sie hätten Kinder als Soldaten eingesetzt.

Doch trotz dieser Erfolge gibt es groben Schätzungen zufolge nach wie vor 250.000 Kindersoldaten weltweit. Sie müssen sich an Kampfhandlungen beteiligen, sie übernehmen Boten- und Kochdienste, müssen schwere Lasten tragen, viele von ihnen werden sexuell missbraucht, gefoltert und ermordet. Manche Regierungen sind auch dazu übergegangen, den militärischen Missbrauch der Kinder besser zu verstecken, indem ihre Armeen Minderjährige ohne Uniform als Spione anwerben oder verbündeten paramilitärischen Gruppen die Anwerbung überlassen, wie beispielsweise in Kolumbien.

Wie können Staaten zur Rechenschaft gezogen werden und wie wird sichergestellt, dass sie ihren Verpflichtungen nachkommen? Die Kinderrechtskonvention sieht bisher nur den in Artikel 44 vorgesehenen Staatenbericht vor. Individualbeschwerden sind nicht möglich, dies wird sich erst mit einem Zusatzprotokoll ändern, das gerade verhandelt wird. In den Staatenberichten müssen die Mitgliedsstaaten einem speziell eingerichteten UN-Ausschuss (treaty body) ihre Maßnahmen zur Umsetzung der Konvention in ihrem Land darlegen. Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes in Genf überwacht die Umsetzung der Kinderrechtskonvention und ihrer Zusatzprotokolle. In dieses Verfahren werden auch Nichtregierungsorganisationen einbezogen.

Sie haben die Möglichkeit, einen Schattenbericht oder ergänzenden Bericht beim Ausschuss einzureichen und an einer Anhörung des 18-köpfigen internationalen Expertengremiums teilzunehmen. Das Verfahren endet damit, dass der Ausschuss nach der Beratung des Regierungsberichts abschließende Empfehlungen (Concluding Observations) verfasst. Für den darauf folgenden Berichtszyklus erwartet der Ausschuss, dass die Regierung Stellung bezieht und Rechenschaft ablegt über die Maßnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen.

Der vorliegende Schattenbericht bezieht sich auf den dritten und vierten Bericht der Bundesrepublik Deutschland an die Vereinten Nationen zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention und ihrer Zusatzprotokolle. Dieser Bericht wurde Mitte 2010 vom Bundeskabinett verabschiedet und liegt dem UN-Ausschuss zur Prüfung vor. Da Deutschland seine Verpflichtungen zum Thema Kindersoldaten und die abschließenden Empfehlungen des UN-Ausschusses aus unserer Sicht nach wie vor unzureichend umsetzt, haben sich die Kindernothilfe, missio, terre des hommes und UNICEF Deutschland dazu entschlossen, diesen Schattenbericht erstellen zu lassen. Er wird im Namen der vier Organisationen und des Deutschen Bündnisses Kindersoldaten herausgegeben, einem Bündnis von Nichtregierungsorganisationen, das sich 1999 gegründet hat. Inhaltlich schließt er an den Schattenbericht Kindersoldaten 2007 an, den die Kinderhilfswerke Kindernothilfe und terre des hommes herausgegeben hatten.

Wir möchten uns an dieser Stelle bei dem Rechtswissenschaftler Dr. Hendrik Cremer bedanken, den wir als Autor für diesen Bericht gewinnen konnten. Unser Dank gilt auch Robert Lindner von Oxfam (Thema Waffenexporte) sowie Albert Riedelsheimer von Separated Children und Dima Zito (Thema Flüchtlingskinder). Ebenso danken wir dem Netzwerk Afrika Deutschland für die finanzielle Beteiligung bei den Druckkosten des Reports, allen Mitgliedsorganisationen des Bündnisses Kindersoldaten und allen anderen, die uns unterstützt haben.

Wie schon im Schattenbericht Kindersoldaten 2007 stellt auch dieser Schattenbericht erhebliche Defizite bei der Einhaltung der menschenrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands fest. Behandelt werden folgende Themen, die sich auf Artikel des Zusatzprotokolls zur UN-Kinderrechtskonvention und auf Empfehlungen des UN-Ausschusses an Deutschland aus dem letzten Berichtszyklus beziehen:
• Rekrutierung Minderjähriger durch die Bundeswehr
• Menschenrechts- und Friedenserziehung in Deutschland
• Werbung für den Einsatz der Bundeswehr im Ausland und für die Bundeswehr als Arbeitgeber, insbesondere an deutschen Schulen
• Waffenexporte
• Umgang Deutschlands mit Kindersoldaten, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind.

Deutschland hat bei der Erarbeitung des Zusatzprotokolls eine Vorreiterrolle und Vorbildfunktion eingenommen. Dieses Engagement sollte sich auch in der Umsetzung und Berichterstattung widerspiegeln. Leider konnten seit der letzten Berichtsrunde 2008 kaum Fortschritte bei den Defiziten und den Empfehlungen des UN-Ausschusses festgestellt werden.

Seit Anfang Januar 2011 hat Deutschland den Vorsitz der Arbeitsgruppe »Kinder in bewaffneten Konflikten« des UN-Sicherheitsrates inne. Dies könnte eine Chance sein, sowohl international als auch national beim Thema Kindersoldaten weiter voranzukommen – für die betroffenen Kinder und Jugendlichen wäre dies sehr wichtig. Wir hoffen, dass dieser Schattenbericht und die darin enthaltenen Empfehlungen dazu beitragen können.

Barbara Dünnweller, Kindernothilfe
Jörg Nowak, missio
Ralf Willinger, terre des hommes
Kerstin Bücker, UNICEF Deutschland

Schattenbericht Kindersoldaten 2011


Mehr Informationen: http://www.kindersoldaten.de

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