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Gemeinsame Erklärung der Präsidien von CDU und CSU zur Aussetzung der Wehrpflicht vom 26./27. September 201014.11.2010

Zivilcourage 04-2010 Wehrpflicht? ... und tschüss!

DOKUMENTIERT

CDU und CSU sind die Parteien der Bundeswehr, weil wir davon überzeugt und bereit dazu sind, unsere freiheitliche und demokratische Ordnung zu verteidigen. Gemeinsam haben sie gegen erhebliche Widerstände die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland als Antwort auf die Bedrohung durch die damalige Sowjetunion durchgesetzt. Es waren CDU und CSU, die zugleich die allgemeine Wehrpflicht einführten. CDU und CSU stehen für die sicherheitspolitische Integration Deutschlands in den Westen, die Einbindung der Bundeswehr in das erfolgreichste Bündnis der Geschichte - die NATO -, die Bundeswehr als „Armee der Einheit“ und die Zugehörigkeit des wiedervereinigten Deutschlands zum nordatlantischen Verteidigungsbündnis. (...)

Die Präsidien von CDU und CSU
■ teilen die Sicherheitsanalyse des Bundesministers der Verteidigung vom August 2010. Schlussfolgerung aus der Analyse ist, dass eine sicherheitspolitische Notwendigkeit für die allgemeine Wehrpflicht nicht mehr gegeben ist.
■ unterstützen den Bundesminister der Verteidigung dabei, die Bundeswehr an den aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen und Aufgaben auszurichten. Dies betrifft Personal, Ausrüstung und Struktur gleichermaßen - einschließlich des Verzichts zur Einberufung zum Grundwehrdienst unter den gegebenen sicherheitspolitischen Herausforderungen.
■ begrüßen es zugleich, dass der Bundesminister der Verteidigung - bei einem bis auf weiteres geltenden Verzicht auf die Einberufung von Grundwehrdienstleistenden - die Möglichkeiten zum Ableisten des Freiwilligen Wehrdienstes ausbauen möchte.
■ sprechen sich für die weitere rechtliche Verankerung der Wehrpflicht im Grundgesetz, für die weitere Erfassung junger Männer sowie für die Möglichkeit aus, die Verpflichtung zum Grundwehrdienst bei Bedarf durch ein einfaches Gesetz wieder aufleben zu lassen.
■ setzen sich für eine gezielte Gewinnung qualifizierten Nachwuchses und Steigerung der Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr ein. (...)
■ Zur Leistungsfähigkeit von Streitkräften gehört auch eine moderne Ausrüstung. Eigene leistungsfähige rüstungstechnologische Fähigkeiten sind eine wesentliche Voraussetzung für einsatzfähige Streitkräfte und für die Mitgestaltung des europäischen Integrationsprozesses im Rüstungsbereich. Sie gewährleisten Kooperationsfähigkeit und sichern den Einfluss bei Entwicklung, Beschaffung und Betrieb von entscheidenden militärischen Systemen.

CDU und CSU sind sich bewusst, dass eine Veränderung der bislang bewährten Wehrform und -struktur einen tiefen Einschnitt in die sicherheitspolitische Kultur der Bundesrepublik Deutschland bedeutet. Auf Basis der sicherheitspolitischen Analyse des Bundesministers der Verteidigung hat sich für die Union insgesamt eine neue Situation ergeben. Die Wehrpflicht diente auch der Verankerung der Bundeswehr in der Gesellschaft. Die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland wäre ohne die Einführung der Wehrpflicht nicht denkbar gewesen. Zugleich wurde das Konzept der „Inneren Führung“ mit dem Leitbild des „Staatsbürgers in Uniform“ in der jungen Bundeswehr verankert. Diese Prinzipien haben sich bis heute in der „Armee der Einheit“ und in der „Armee im Einsatz“ bewährt. In den mehr als fünf Jahrzehnten ihres Bestehens hat die Bundeswehr gezeigt, dass sie fest in der Demokratie verwurzelt ist. Das Primat der Politik ist unangefochten. Die Zeit- und Berufssoldaten verstehen sich - ebenso wie die Grundwehrdienstleistenden - selbstverständlich als Söhne und Töchter dieses demokratischen Rechtstaats. Sie selbst, ihre Familien, Freunde und Nachbarn garantieren die Verankerung in der Gesellschaft. Trotzdem gilt es für eine Bundeswehr im Einsatz umso mehr, ihre Aufgaben und ihre Arbeit in der Öffentlichkeit zu erläutern. Jugendoffiziere, Patenschaften und beispielsweise öffentliche Vereidigungen und öffentliche Rückkehrerappelle waren und bleiben hierbei wichtige Elemente, bedürfen aber neuer Ergänzungen. (...)

Grundwehrdienst, der bisherige Zivildienst und die Ersatzdienste im Katastrophenschutz waren über die gesetzliche Verpflichtung hinaus stets auch wichtige Möglichkeiten, sich für unser Land, seine Sicherheit und das soziale Miteinander zu engagieren. Es gilt nun, eine neue Kultur der Freiwilligkeit in Deutschland im Sinne einer aktiven Bürgergesellschaft zu fördern - nicht nur mit Blick auf den Einsatz für die Sicherheit und Freiheit unseres Landes. Ohne die verpflichtende Einberufung zum Grundwehrdienst entfallen auch die Ersatzdienste mit ihrer großen jugend- und sozialpolitischen Bedeutung. Ein Dienst an der Gemeinschaft bietet die große Chance, den Horizont zu erweitern und hierfür auch Anerkennung der Gesellschaft zu erhalten. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger des 21. Jahrhunderts das Verhältnis zum Staat und zur Gesellschaft neu entdecken und entwickeln. (...)

Der bisherige Zivildienst ist nicht vollständig ersetzbar. Wir benötigen ein Gesamtkonzept für freiwillige Dienste (...)

Die Bundeswehr ist auf gut ausgebildete und motivierte Reservisten angewiesen. Die Streitkräfte brauchen optimal qualifizierte und motivierte Reservisten aller Dienstgrade mit besonderen zivilberuflichen Befähigungen, die in den Streitkräften häufig nicht oder nur in unzureichender Anzahl vorgehalten werden können. Von herausragender Bedeutung für die regelmäßig wehrübenden Reservisten ist zunehmend die Vereinbarkeit von militärischem (Teilzeit-) Dienst mit der zivilberuflichen Situation. Wir unterstützen die Bemühungen um ein neues Reservistenkonzept, das einer künftig gesteigerten Verantwortung von Reservisten Rechnung trägt.

Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes verlassen sich darauf, dass ihnen die Bundeswehr mit allen vorhandenen Kräften und Fähigkeiten auch im Inland rasch und wirksam hilft und, falls nötig, unsere Sicherheits- und Rettungskräfte im verfassungsmäßigen Rahmen unterstützt. Sei es zur Hilfe bei Schnee- und Hochwasserkatastrophen oder nach Großschadensereignissen, sei es zum Schutz lebenswichtiger Infrastruktur vor terroristischen und asymmetrischen Bedrohungen in Unterstützung der Kräfte der inneren Sicherheit oder sei es, wenn Bürgerinnen und Bürger sonst in Not geraten sind: Die Bundeswehr bleibt - nicht vorrangig, aber ergänzend - auch ein Instrument der inneren Sicherheit.

Mehr Informationen: http://www.dfg-vk.de/thematisches/kriegsdienstverweigerung/

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