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Psychologische Amtshilfe23.02.2010

www.jungewelt.de

Zahl der Inlandseinsätze der Bundeswehr 2009 erneut gestiegen
Von Frank Brendle

Die Bundeswehr hat im vergangenen Jahr so häufig »Amtshilfe« geleistet wie nie
zuvor. Mit 44 derartigen Inlandstätigkeiten ist, zumindest soweit die Statistik
angibt, der absolute Rekordwert erreicht. In den Jahren 1996 bis 1999 hatte noch
jeweils eine Amtshilfemaßnahme ausgereicht. 2007 waren es bereits 16, ein Jahr
darauf 31 solcher Einsätze. Die Zahlen teilte am Montag die innenpolitische
Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, mit, die sich regelmäßig
in Kleinen Anfragen danach erkundigt.

Jelpke stellt nicht nur einen zahlenmäßigen Zuwachs fest, sondern auch eine
qualitative Veränderung: Zunehmend werde das Militär als Hilfspolizei
eingesetzt. Kein Großereignis – seien es große Sportveranstaltungen,
Staatsbesuche oder Gipfel inklusive Gegendemonstrationen – gehe heute noch ohne
Bundeswehr über die Bühne. Im letzten Quartal des Vorjahres hat die Bundeswehr
beispielsweise im Auftrag der Polizei die »Überwachung des Luftraums« sowohl
beim Münchner Oktoberfest als auch bei einer Veranstaltung aus Anlaß des
1000jährigen Domjubiliäums in Mainz durchgeführt. Daten verdächtiger
Luftfahrzeuge hätten dabei an die Polizei übermittelt werden sollen.

Das Grundgesetz erlaubt prinzipiell Amtshilfe zwischen Behörden des Bundes und
der Länder bzw. Kommunen. Allerdings darf die Bundeswehr dabei, außer bei
Naturkatastrophen, keine polizeilichen Maßnahmen ergreifen, die die Grundrechte
von Bürgern tangieren. Dennoch hat das Innenministerium Schleswig-Holstein schon
im Juli vorigen Jahres darum gebeten, die Bundeswehr möge prüfen, ob sie
Sondereinsatzkräfte der Landespolizei »bei zeitkritischen Einsatzlagen« durch
Militärhubschrauber auf vorgelagerte Inseln transportieren kann, damit die
Polizisten dort »polizeiliche Lagen« bewältigen können. Der Antrag wird
gegenwärtig im Verteidigungsministerium geprüft. Zuletzt hatte die Bundeswehr
anläßlich der Neonazidemonstration in Dresden sowie der antifaschistischen
Gegendemo Unterkünfte für die Bundespolizei zur Verfügung gestellt.

Der rasante Zuwachs der »Amtshilfemaßnahmen« dürfte auch eine Folge der
sogenannten Zivil-Militärischen Zusammenarbeit sein. Seit 2006 sind bundesweit
in Rathäusern und Regierungspräsidien Beauftragte der Bundeswehr vertreten, die
den Kommunen – eigentlich nur in Krisensituationen – »Hilfsangebote« der
Bundeswehr vermitteln sollen. Davon wird offenbar immer großzügiger Gebrauch
gemacht. Zweimal im letzten Quartal sind die Militärs zudem zum Feuerlöschen
ausgerückt, was darauf hinweist, daß bei Feuerwehren gespart wird. Jelpke sieht
dabei keine Sachzwänge am Werk, sondern eine politische Strategie: Soldaten
sollten als vermeintlicher Freund und Helfer im Inland etabliert werden.
»Letztlich läuft das darauf hinaus, Inlandseinsätze psychologisch
vorzubereiten«, so die Abgeordnete.

Frank Bredle ist in der DFG-VK aktiv im Landesverband Berlin-Brandenburg

Die Kleine Anfrage in der Bundestagsdrucksache 17/637 mit weiteren Informationen


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