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„Wir demonstrieren gegen die massive Präsenz der NATO“12.06.2015

Krieg beginnt hier

Zur Kieler Woche werden 30 Kriegsschiffe aus mehreren Ländern erwartet. Außerdem gibt es eine Militärkonferenz.

Die »Kiel Conference« tagt am 23. Juni mit Vertretern aus Militär, Wissenschaft, Industrie und Politik unter Ausschluss der Öffentlichkeit zur »Sicherheitslage im Ostseeraum«. Ein Friedensbündnis von 30 Organisationen ruft dagegen zu Protesten auf – welche Bedeutung hat diese Konferenz Ihrer Einschätzung nach?
Sie ist Ausdruck der zunehmenden Militarisierung unserer Gesellschaft. Es geht darum, Kontakte zwischen der zivilen Gesellschaft und dem Militär zu vertiefen. Wir veranstalten unsere Demo daher unter dem Motto »War starts here – Keine Kriegskonferenz in Kiel!«. Vor allem empört uns, dass das »Institut für Sicherheitspolitik an der Uni Kiel« daran mitwirkt. Denn mit Lehre und Forschung hat diese »Kiel Conference« absolut nichts zu tun. Sie ist vielmehr Ausdruck der Zuspitzung militärischer Auseinandersetzungen; sie ist grundsätzlich darauf ausgerichtet, Konflikte militärisch statt politisch zu lösen.
Vertreter der NATO, Wissenschaftler aus Universitäten und etliche Politikerinnen und Politiker werden an dieser Konferenz teilnehmen, militärische Gesichtspunkte werden dabei im Vordergrund stehen. Das finden wir insbesondere deshalb problematisch, weil die Kieler Woche (20. – 28. Juni) bislang stets den Ruf eines Volksfestes hatte.

Nun aber werden 30 Kriegsschiffe mit 3.000 Soldaten aus NATO-Staaten erwartet. Was will das Friedensbündnis diesem Flottenaufmarsch entgegensetzen?
Wir werden Öffentlichkeit schaffen, um zu zeigen, dass diese Kieler Woche und vor allem die »Kiel Conference« nicht ohne Widerspruch ablaufen können. Kiel ist ein profitabler Standort für die Rüstungsindustrie. Wir haben ein Problem damit, dass hier Vorbereitungen für den Krieg stattfinden. Unser breites Bündnis will erreichen, dass die »Kiel Conference« künftig nicht mehr stattfindet.

Ihr Bündnis lädt für den kommenden Montag zu einer Informationsveranstaltung an der Kieler Christian-Albrechts-Universität ein. Was wollen sie damit erreichen?
Zunächst wollen wir natürlich für unsere Demonstration am 23. Juni mobilisieren sowie über Hintergründe und Folgen der Kriegskonferenz informieren. Mechthild Klingenburg-Vogel von der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW wird über psychologische Kriegsvorbereitung und Propaganda sprechen; Tobias Pflüger von der »Informationsstelle Militarisierung Tübingen« über die zunehmende zivil-militärische Zusammenarbeit. Ruben Reid, studentischer Zivilklausel-Experte, wird über die Auseinandersetzungen der Studierenden um eine Verpflichtung von Lehre und Forschung auf zivile Zwecke berichten; Frank Thurow (Antimilitaristische Stadtrundfahrt) über Standorte des Militärs und der Rüstungsindustrie in Kiel informieren. Frank Hornschu, Geschäftsführer des DGB in der Region, wird als Alternative zur »Kiel Conference« eine Friedenskonferenz vorschlagen.

Welche Rolle spielt es aus Ihrer Sicht, dass Russland bei der maritimen Kriegsshow ausgeschlossen ist?
Wir lehnen die gesamte Kriegsshow ab, obendrein ist Russland nicht gerade ein Staat, der Friedenspolitik betreibt: Trotzdem – Russland auszuschließen, heißt, der Eskalationspolitik der NATO in die Hände zu spielen.

Gibt es innerhalb des Bündnisses verschiedene friedenspolitische Positionierungen?
Es gibt sicherlich zu Einzelthemen unterschiedliche Einschätzungen, etwa zur Ukraine-Krise. Im Grundsatz sind wir uns erfreulicherweise einig, was angesichts der Breite des Bündnisses nicht selbstverständlich ist. Immerhin sind bei uns gewerkschaftliche und studentische Organisationen, verschiedene Parteien und Gruppen der Friedensbewegung, aber auch autonome, antirassistische und antimilitaristische Gruppen vertreten. Wir haben uns geeinigt, die Forderung der Studierenden für eine Zivilklausel an der Uni zu unterstützen. Wir demonstrieren gegen die massive Präsenz der NATO bei der Kieler Woche und dagegen, dass die Außenpolitik der Bundesregierung vermehrt auf Auslandseinsätze setzt. Vor allem sollte Kiel eine Stadt des Friedens werden. Wir berufen uns auf die Forderung des ehemaligen Oberbürgermeisters Andreas Gayk, der 1948 seiner Stadt ein öffentliches Bekenntnis zur Humanität, zur Menschlichkeit und zum Frieden wünschte.

Das Gespräch führte Gitta Düperthal mit Lorenz Gösta Beutin (Mitglied des Bündnisses »War starts here – Keine Kriegskonferenz in Kiel!« und Mitarbeiter der Bundestagsfraktion Die Linke im Regionalbüro Nord in Kiel)

Das Interview erschien am 12.06.2015 in der ²http://www.jungewelt.de/2015/06-12/038.phpTageszeitung junge Welt²

Mehr Informationen: http://warstartsherekiel.noblogs.org

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