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Die DFG-VK programmatisch weiterbringen

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Einladung zur Programmdiskussion am 5. Februar in Berlin
Auf Initiative aus den DFG-VK-Landesverbänden Berlin-Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern - Abgedruckt in der DFG-VK-Mitgliederzeitung Zivilcourage 5/2010


(Red.) Die vom berlin-brandenburger DFG-VK-Landesverband angekündigte „Aktion Schampussaufen“ hat um die letzte Jahreswende für heftige Diskussionen im Verband gesorgt. Vereinzelt wurde vorgeschlagen, einen außerordentlichen Bundeskongress einzuberufen, um das Programm zu verändern. Der Bundesausschuss hat auf seiner Sitzung im März intensiv über die ganze Angelegenheit diskutiert. Als Ergebnis beschloss er, dass der Bundesverband „ab sofort bis zum ordentlichen Bundeskongress 2011 in eine Diskussion über ein Programm, die Ziele und Mittel sowie die Satzung des Verbandes“ eintritt. Die Landesverbände wurden aufgefordert, „Möglichkeiten in ihren Bereichen zu schaffen, bei denen Diskussionen zu einer Aktualisierung des Programms der DFG-VK diskutiert werden können.“ Einzig die Landesverbände Berlin-Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern haben bislang diese Aufforderung aufgenommen und laden nun mit dem hier veröffentlichten Text zu einem Treffen am Samstag, 5. Februar 2011, nach Berlin ein.


Im Rahmen der Programmdebatte laden die Landesverbände Mecklenburg-Vorpommern und Berlin-Brandenburg alle interessierten Aktiven der DFG-VK zu einer Diskussion in Berlin ein. Diese Diskussion soll dazu beitragen, die Notwendigkeit einer Überarbeitung des Programms zu konkretisieren.
In einem ersten Schritt soll es nicht darum gehen, konkrete Formulierungen vorzulegen und auf der Diskussionsveranstaltung zur Abstimmung zu stellen. Vielmehr wollen wir anhand einiger inhaltlicher Fragen diskutieren, die wir derzeit als dringend und notwendig ansehen. Die Diskussion wird von uns so gestaltet, dass es mehrere Themenkreise (möglichst nacheinander und nicht gleichzeitig), gibt, für die wir jeweils Impulsreferate vorbereiten, über die dann gemeinsam gesprochen wird. Gleichzeitig sollten wir bereits darüber nachdenken, welche technischen Konsequenzen aus der Diskussion folgen können.


Aktionen zum Stopp von deutschen Kriegseinsätzen

In der bisherigen Formulierung des Programms fehlt eine ausdrückliche Thematisierung von Aktionen zum Stopp von laufenden deutschen Kriegseinsätzen.
Sicherlich sind Aktionen zur langfristigen strukturellen Beseitigung der Kriegsführungsfähigkeit Deutschlands - wie sie heute im Programm stehen - vonnöten. Aber: Der unmittelbare Einsatz von Bundeswehrsoldaten in Kriegen erfordert eine andere Dringlichkeit von Aktionen. Hier sterben konkret Menschen durch einen von diesem Staat geführten Krieg. Das stellt eine neue Herausforderung an die DFG-VK, denen die bisher thematisierten langfristigen und strukturellen Ziele nicht gerecht werden.

Zu überlegen wäre, ob nicht umfassend „Die Rolle der DFG-VK im Krieg“ thematisiert werden sollte. Zu beachten wäre dabei folgende Aspekte:
■ die historische Rolle der DFG im WK I („Vaterlandsverteidiger“ vs. Verweigerer; vgl. einschlägige Arbeiten von Guido Grünewald usw.)
■ Streben nach einer gesellschaftlichen Mehrheit gegen den Krieg auf der einen Seite, auf der anderen Seite: Forderung nach sofortigem Kriegsende, die ggf. zu einer Niederlage der „eigenen“ Seite und damit verbunden zu gesellschaftlicher Isolierung führen kann
■ Problematik, dass Propaganda gegen den Krieg kriminalisiert werden kann („Landesverrat“)
■ Zu behandeln wäre hierbei die Frage, welche Haltung die DFG-VK zu Formen der indirekten (Blockaden...) wie direkten Sabotage (Unschädlichmachung von Kriegsgerät...) einnimmt.
Die DFG-VK strebt die völlige Ächtung des Soldatentums an - hierbei muss eine Formel gefunden werden, die den Widerspruch aushält zwischen dem Ansatz, auch Soldaten als möglicherweise zu überzeugende Menschen zu betrachten, und sie zugleich als Mörder/Mordinstrumente benennt. Die Menschenwürde des einzelnen Soldaten soll ihm nicht genommen werden, aber es soll ihm vor Augen gehalten werden, dass er die Menschenrechte anderer auf das Äußerste verletzt, wenn er sie tötet oder bedroht.


Provokation als Mittel der politischen Arbeit

Das bisherige Programm benennt nicht explizit die Provokation als Mittel der politischen Arbeit. Es stellt sich die Frage, ob dies geändert werden sollte. Zwar erfüllt die politische Provokation sicherlich die Bedingungen, wie sie im Programm als Beispiele gewaltfreier Methoden gestellt werden. Andererseits kann diese Aktionsform zu Belastungen für den Gesamtverband führen, die nicht immer gut kalkulierbar sind. Hier ist zu diskutieren, inwieweit eine prinzipielle Bereitschaft des Verbandes und seiner RepräsentantInnen eingefordert werden sollte, solche Belastungen zu tragen.
Darüber hinaus kann der Rahmen der Programmdiskussion dazu genutzt werden, die Frage der grundsätzlichen Legitimität der politischen Provokation zu klären: Ist es zu rechtfertigen, politische Entscheidungen durch Provokation zu beeinflussen, ohne die Annahme, dass deren Form und Inhalt zumindest perspektivisch von einer gesellschaftlichen Mehrheit getragen wird? Die Programmdiskussion könnte auch dafür genutzt werden, sich darüber zu verständigen, inwieweit Provokation überhaupt eine Aussicht hat, Kriegspolitik zu beeinflussen und in welcher Weise sich ihre Wirkung gegen Kriegspolitik entfaltet.


Bündnispolitik

Die DFG-VK wird daran festhalten, ihre politischen Ziele ausschließlich mit gewaltfreien Mitteln zu verfolgen. Als pazifistische Organisation gehört dies zur ihrer Kernidentität. Diskussionsbedarf gibt es allerdings im Bereich der Bündnispolitik der DFG-VK. Hierbei geht es insbesondere um Bündnisse mit linken und antimilitaristischen Gruppierungen, die sich ebenfalls für eine gewalt- und herrschaftsfreie Welt einsetzen, aber nicht unter allen Umständen auf militantes Agieren als ein Mittel zur Erreichung dieser verzichten wollen.
Hierbei kann die DFG-VK zwar auf dem prinzipiellen Widerspruchsverhältnis von gewaltfreiem Ziel und militantem Mittel bestehen, sollte sich aber darüber verständigen, was es heißt, Bündnisse einzugehen mit Gruppierungen, die für die Erreichung bestimmter Teilziele nicht auf Militanz verzichten meinen zu können. Denn es gilt, das Band zu halten zwischen allen emanzipatorischen Kräften gegen den Krieg, gerade auch mit jenen, die als Konsequenz rationaler Entscheidungen zu militanten Mitteln greifen und dies für politisch begründbar halten. Pauschale Abgrenzungen und Distanzierungen wären eine Schwächung der Antikriegsbewegung.

In Blick auf die schlussendliche Formulierung des Programms sollte dort nicht festgeschrieben werden, welche konkrete politische Strategie für die DFG-VK allein verbindlich ist. Gerade deshalb ist aber eine Diskussion notwendig, wie mit Konflikten, die sich aus der Verfolgung verschiedener politischer Ansätze ergeben, umgegangen werden sollte. In dieser Hinsicht sind die drei Themenfelder gewählt, weil wir dort den größten Diskussionsbedarf sehen.

Darüberhinaus sollte darüber nachgedacht werden, wie die Programmdiskussion verstetigt werden kann. Es gibt die Idee, eine ständige Programmkommission einzurichten, die jedem Bundeskongress Vorschläge zur Anpassung des Programms und ggf. der Satzung an die aktuellen politischen Entwicklungen vorlegt. Auch sollte generell darüber nachgedacht werden, ob es die DFG-VK angesichts des verschärften Vorgehens staatlicher Stellen gegen Kritik an der Kriegspolitik der BRD - die im Übrigen ja auch wesentlich aus der DFG-VK selbst zu kommen hätte - für nötig und möglich hält, einen eigenen Antirepressionsapparat (Konsens über den Umgang mit Daten, stabile Kontakte zu Rechtsanwälten, Vernetzung mit Solidaritätsstrukturen ...) aufzubauen. In Programm und Statut könnten auch verbindlichere Festlegungen über von vornherein als bundesländerübergreifend angelegte Projekte der DFG-VK und über das gegenseitige Kennenlernen unter den Landesverbänden fördernde Maßnahmen aufgenommen werden, wenn das als zweckmäßig erscheint.


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Einladung zur Programmdiskussion, Samstag, 05. Februar, 13 bis 18 Uhr
Die Programmdiskussion ist verbandsöffentlich. Anmeldungen beim Landesverband Mecklenburg-Vorpommern (mv@dfg-vk.de) sind nicht obligatorisch, aber hilfreich, damit wir bei sehr reger Nachfrage ggf. noch größere Räume buchen oder andere Änderungen mitteilen können. Diese werden dann auch auf der Homepage http://www.dfg-vk.de mitgeteilt. Bei Interesse versenden wir noch vor der Diskussion eingehende Diskussionsbeiträge an angemeldete TeilnehmerInnen.
Ort: Haus der Demokratie, Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin, Anfahrt vom Bahnhof Alexanderplatz mit der Tramlinie M4 sowie den Buslinien 200 und 240. Haltestelle ist jeweils „Am Friedrichshain“

Die Diskussion findet im Rahmen des EU-Projekt „EUROPE FOR PEACE“ statt und wird gefördert mit Unterstützung des EU-Programms:
601
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Protokoll der Diskussion: Die DFG-VK programmatisch weiterbringen 05.02.2011

Mehr Informationen: http://www.dfg-vk.de

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