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Bundeswehr-Diskussion lief fast aus dem Ruder24.01.2011

Nürnberger Nachrichten

Pfiffe und Zwischenrufe störten Veranstaltung mit Staatssekretär Christian Schmidt — Schmierereien im Vorfeld

Nürnberg - Tumultartige Szenen im Sigmund-Schuckert-Gymnasium (SSG): Gegner der Bundeswehr haben eine Podiumsdiskussion zum Thema „Krieg in Afghanistan — Aussetzung der Wehrpflicht“ lautstark gestört und beinahe für einen Eklat gesorgt.
Unbekannte hatten auf dem Schulkomplex in Eibach sowohl Wände der Henlein-Realschule als auch des Schuckert-Gymnasiums mit Anti-Bundeswehr-Parolen beschmiert.


Die Veranstaltung mit rund 400 Besuchern stand schon im Vorfeld unter keinem guten Stern: Unbekannte beschmierten Türen und Wände des Schulgebäudes mit Anti-Bundeswehr-Parolen (wir berichteten). Die Schule schaltete die Polizei ein. Am Freitagabend haben sich schließlich einige Zivilbeamte unter die Besucher gemischt, um härtere Ausschreitungen zu verhindern. Pfiffe, plötzlicher Beifall und lautstarke Zwischenrufe aus dem Publikum am Anfang drohten die Veranstaltung tatsächlich zu kippen. Dann aber beruhigte sich bis kurz vor Ende die Situation doch noch.

Krisengebeutelt steht die Bundeswehr derzeit da: Eine tote Kadettin auf dem Segelschulschiff „Gorch Fock“, ein am 17. Dezember erschossener Soldat in Afghanistan und die geöffneten Feldpostbriefe der dort stationierten Truppen — ähnlich wie Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wehrt sich auf dem Podium im SSG auch sein Staatssekretär Christian Schmidt gegen Vorwürfe, Informationen vertuscht zu haben: „Wir wissen noch nicht, wo die Briefe geöffnet wurden, ob bei der Bundeswehr, bei der Post oder in Afghanistan. In jedem Fall war das eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses — das ist strafbar.“

Zweifel über den Afghanistan-Einsatz hegt Sozialkundelehrer Werner Sittauer. Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Schwabacher Stadtrat betont, dass nach einer Umfrage rund 70 Prozent der afghanischen Bevölkerung im Süden des Landes gar nichts von den Terroranschlägen auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 wüssten. „Viele betrachten die Stationierung ausländischer Truppen in ihrem Land als einen Krieg gegen den Islam.“ Sittauer bezweifelt, dass „dieser Einsatz mit Nachhaltigkeit zu Ende gehen wird“. Staatssekretär Schmidt hält dagegen, dass die Truppen „ein Heil für dieses Land“ seien. Dennoch: Er plädiere für eine „Kultur der Zurückhaltung“ seitens deutscher Soldaten.

Das kommende Ende der Wehpflicht bedeutet aber nicht das Ende der Bundeswehr. Ein Schüler warnte vor einer „Ausweitung der Kriegspropaganda“, sobald sich die Bundeswehr um freiwillige Rekruten bemühen müsse. Schmidt bestätigte das: „Die Werbung für die Bundeswehr wird zunehmen. Ich muss die Jobs ja anbieten, es kommt ja keiner mehr zwangsweise.“

Dünnhäutig reagierte Schmidt, nachdem Student Lorenz Hartung begann, ihn zu duzen. „Ich finde, lieber Christian, Veranstaltungen über Bundeswehr, Krieg und Rüstung haben an unseren Schulen und Unis nichts verloren“, sagte er. Im Übrigen sei er der Ansicht, dass „du, lieber Christian wie auch die Menschen auf dem Podium nicht demokratisch gewählt sind“. Schmitt: „Ich halte das für eine Arroganz, dass Sie hier bestimmen wollen, was Demokratie ist und was nicht.“

Hartung wurde trotz mehrmaliger Ermahnung nicht müde, seine Botschaften durch die Lautsprecher zu senden — als Studiendirektorin Ingrid Roßner ihm das Mikrofon abstellte, brüllte er in die Halle. Damit war die Podiumsdiskussion am Ende. Roßner wollte dem Staatssekretär noch Blumen überreichen, doch der war eingerahmt von den Gegnern der Veranstaltung und schützenden Zivilpolizisten.

VON ALEXANDER BROCK - Lokales Nürnberg

Quelle: http://www.nordbayern.de/nuernberger-nachrichten/nuernberg/bundeswehr-diskussion-lief-fast-aus-dem-ruder-1.455145

Mehr Informationen: http://www.schulfrei-fuer-die-bundeswehr.de

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