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Wie die Karnickel die Möhre beschützen30.11.2009

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Truppenabzug lieber heute als morgen – die afghanische Abgeordnete Joya im Interview (von Chris Arsenault, Vancouver (IPS))

Die afghanische Abgeordnete Malalai Joya, vom britischen Sender BBC zur »mutigsten Frau Afghanistans« gekürt, ist eine vehemente Gegnerin der US-Pläne, die 68000 US-amerikanischen Truppen um weitere 40000 Soldaten aufzustocken. Sie fordert vielmehr den unverzüglichen Rückzug der Besatzungsmächte aus Afghanistan, »Sie sollten mein Land lieber heute als morgen verlassen«, sagte Joya im IPS-Gespräch anläßlich der Vorstellung ihres Buchs »Eine Frau unter Warlords: die außergewöhnliche Geschichte einer Afghanin, die es wagte, ihre Stimme zu erheben« im kanadischen Vancouver. »Sie besetzten unser Land im Namen der Frauenrechte, doch heute ist die Situation für Frauen so katastrophal wie unter den Taliban«, kritisierte die mit 30 Jahren jüngste weibliche Abgeordnete Afghanistans. Für sie sind die ausländischen Besatzer und die Taliban zwei Seiten der gleichen Medaille. Der einzige Unterschied bestehe darin, daß die Verbrechen nicht im Namen Allahs, »sondern im Namen von Demokratie, Freiheit, Menschen- und Frauenrechte begangen werden«.

Die Besatzungsmächte, so Joya, würden behaupten, daß »uns die Taliban, wenn sie das Land verlassen, verschlingen werden. Doch sie unterstützen die Taliban bereits heute, indem sie die Warlords unterstützen. Wir werden von beiden verschlungen. Gegen einen Feind zu kämpfen ist einfacher als gegen zwei. Wir sind zwischen zwei feindlichen Lagern gefangen.«

Über korrupte Politiker in Afghanistan sagte Joya: »Viele andere wie der ehemalige Präsidentschaftskandidat Abdullah Abdullah sitzen mit ihrem Hintern auf dem Schoß der CIA. (Der Warlord) Gulbuddin Hekmatyar bedient sich angeblich seines alten und vom CIA ermöglichten (Drogen-) Netzwerks, um den derzeitigen Aufstand zu finanzieren. Diese Leute sind Verbrecher, aber mit ihren Anzügen und Krawatten sitzen sie an der Macht.« Den 2007 in Afghanistan zum Anti-Korruptions-Chef ernannten Izzatullah Wasifi bezeichnete Joya als »eingefleischten Drogenhändler, der fast vier Jahre wegen Heroinverkaufs im Gefängnis von Nevada saß. Er ist ein alter Freund der Karsai-Familie. Wie wir Afghanen gerne sagen, hat Karsai ein Karnickel mit dem Schutz der Möhre beauftragt.«

Zu den Gründen des Afghanistan-Krieges erläuterte die Abgeordnete: »Mein Land wurde aus geopolitischen Gründen besetzt. Afghanistan liegt im Herzen Asiens. China und Rußland sind mächtiger geworden, und den USA gefällt das nicht. Afghanistan ist ein günstiger Transitweg für den leichten Zugang zu den Gas- und Ölreserven Zentralasiens. Daß die Supermacht unser Land benutzt und besetzt, ist Teil eines großen Schachspiels. Afghanistan ist reich an Rohstoffen. China hat kürzlich erfolgreich für das Recht geboten, unsere Kupferlager auszubeuten, die einen Wert von 88 Milliarden Dollar haben sollen.« Der Krieg in Afghanistan habe dem Terrorismus Vorschub geleistet, auch wenn es das erklärte Ziel gewesen sei, diesen zu bekämpfen. Die größten Kriegsgewinnler seien »extremistische Gruppen, die von den berechtigten Beschwerden gegen die NATO profitieren«.

Quelle: http://www.jungewelt.de/2009/11-30/015.php

Mehr Informationen: http://www.afghanistankampagne.de

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