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Heckler & Koch - Götterstatue für Waffenbauer07.11.2009

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Von Matthias Thieme

Eine illustre Festgesellschaft trifft sich am Donnerstagabend im Wiesbadener Dorint Pallas Hotel. Rund 300 Gäste verfolgen die Verleihung des Dokupreises der Gesellschaft für Technische Kommunikation (Tekom). Doch hinter den Kulissen gibt es Zoff: Zum ersten Mal wird der Preis auch an die Waffenschmiede Heckler & Koch vergeben.

Normalerweise wird die zivile Leistung von Technikern geehrt, die Anleitungen für Getränkekühlgeräte oder Heizungsanlagen ausgetüftelt haben. Doch diesmal werden die Pistolen P30 und P30L sowie das Selbstladegewehr USC für ihre "hervorragenden Betriebsanleitungen" ausgezeichnet. Applaus im Publikum - ein TV-Team von Report Mainz wird schnell des Saales verwiesen.

In der Jury tobt längst ein Streit um Ethik und Moral. Plötzlich werden Beeinflussungsversuche der Firma Heckler & Koch auf die Jury des Preises bekannt. Der begehrte Dokupreis gilt in der Fachwelt als Qualitätssiegel. Als Trophäe gibt es eine Statue des ägyptischen Gottes Thot - Herr des Maßes und der Intelligenz.

Ob die Tekom bei der Waffen-Ehrung maßvoll und intelligent gehandelt hat, bezweifeln jetzt viele. Rolf Schwermer, Professor an der Fachhochschule Hannover, erhält als Jury-Mitglied der Tekom am 6. März 2008 von Heckler & Koch ein merkwürdiges Angebot: "Ich möchte Sie bitten, uns ein Angebot für die Erstellung eines Gutachtens zukommen zu lassen", schreibt die Waffenschmiede in einer E-Mail, die der FR vorliegt.

1200 Euro am Tag

Ausgerechnet die Pistolen P30 und P30L soll Jury-Mitglied Schwermer privat gegen Bezahlung begutachten - die Waffen, die Heckler & Koch später zum Dokupreis einreichen will. Auch die Begutachtungskriterien sollen exakt den Kriterien des Preises entsprechen. Schwermer lehnt entsetzt ab. Heckler und Koch reicht seine Waffen später dennoch ein. Im März 2009 verlässt Schwermer die Jury, weil er es verwerflich findet, an der Prämierung von Waffenanleitungen mitzuwirken.

Doch Heckler & Koch sucht bei der Gesellschaft für Technische Kommunikation (Tekom) einfach weiter nach Kooperationspartnern - und wird fündig: Nach FR-Recherchen hat ausgerechnet der Vorstandschef der Tecom, Jürgen Muthig, den Auftrag angenommen. "Ich wurde angefragt, diese Analyse vorzunehmen", bestätigt Muthig auf Anfrage, "und ich habe diesen Auftrag angenommen." Er habe eine "marktübliche Vergütung von 1200 Euro am Tag" bekommen, sagt Muthig, insgesamt habe er von Heckler& Koch 4800 Euro "für klar dokumentierte Gegenleistungen" erhalten.

Er habe ein Gutachten geliefert "für dieselbe Pistole, die jetzt den Preis gewonnen hat", sagt Muthig und ist gleichzeitig Vorsitzender der Gesellschaft, die den Preis vergibt. Er habe "nicht gewusst, dass Heckler & Koch sich um den Preis bewirbt", sagt Muthig, der auch dem Gremium vorsitzt, welches die Preisbeirats- und Jurymitglieder ernennt.

"Die Jurymitglieder wussten nicht, dass ich das Gutachten erstellt habe", sagt Muthig, der im Hauptberuf Professor an der Hochschule Karlsruhe ist. Solche Nebentätigkeiten seien "vollständig üblich", so Muthig, "wir sind ein Berufsverband, in dem Dienstleister und Industrie eng zusammenarbeiten." Laut Tekom-Kodex ist es Vorstandmitgliedern verboten, sich geschäftliche Vorteile zu verschaffen.

Der Preis

Mit dem Dokupreis zeichnet die Gesellschaft für Technische Kommunikation (Tekom) hervorragend gemachte technische Dokumentationen aus. Gedruckte Gebrauchsanleitungen, Benutzerhandbücher, Montageanleitungen oder Online-Hilfen können von Herstellern eingereicht werden.

Die Waffenschmiede Heckler & Koch bekam von Tekom jetzt zwei Auszeichnungen für ihre Pistole P30/P30L und ihr Selbstladergewehr USC. Die restlichen Preisträger wurden für zivile Produkte geehrt: Bosch für einen Raumtemperatur-Regler, Docufy für ein Redaktionssystem und Vaillant für einen Pellet-Heizkessel.

Heckler & Koch wollte 2008 bei Jurymitgliedern bezahlte Gutachten in Auftrag geben. Die Jurymitglieder lehnten ab - doch der Vorstandsvorsitzende von Tekom nahm den Auftrag an. (thie)

(Quelle: Frankfurter Rundschau, 07.11.2009)


dazu: Pressemitteilung der DFG-VK zur Preisverleihung
Friedensbewegung protestiert gegen Verleihung des tekom-Dokupreises an H&K am 5.11.2009 in Wiesbaden

Mehr Informationen: http://www.rib-ev.de

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