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PRESSEMITTEILUNG zur unerträglichen Schwächung der kirchlichen Beratung von Kriegsdienstverweigerern und Zivildienstleistenden. 03.12.2008

http://www.versoehnungsbund.de

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit der angehängten Pressemitteilung möchte der Arbeitskreis FRIEDENSAUFGABE und SOLDATENSEELSORGE seine eindringliche Solidarität mit denjenigen erklären, deren Arbeit zur Überwindung von Gewalt durch "falsche Orientierungen" innerhalb der christlichen Kirchen behindert bzw. eingeschränkt wird.

Wir bitten Sie darum, das Solidaritätsbekenntnis aufzugreifen und in Ihren Medien weiter zu vermitteln.

Der Arbeitskreis Friedensaufgabe und Soldatenseelsorge ist eine Initiative des Deutschen Zweigs des Internationalen Versöhnungsbundes.

Für Rückfragen steht Ihnen Herr Rinneberg gerne zur Verfügung.

64372-Wembach,
Im Höhlchen 16
Tel. 06154-2698/-637756
Christoph.Rinneberg (at) t-online (punkt) de

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Pressemitteilung zur unerträglichen Schwächung der kirchlichen Beratung von Kriegsdienstverweigerern und Zivildienstleistenden.

In jenen Tagen der Synode der Ev. Kirche in Deutschland und danach kann und wird den Synodalen im Parlament der EKD der immer weiter um sich greifende Verlust an Glaubwürdigkeit – in der Gesellschaft und bei den in einschlägigen kirchlichen Arbeitsfeldern Tätigen – nicht verborgen bleiben. Offiziell ist die kirchliche Situation durch die Existenz der zwei jüngsten EKDDenkschriften gekennzeichnet, die wiederum – es könnte gar nicht anders sein – auf der Basis der "Dekade zur Überwindung der Gewalt" (2001-2010) entstanden sind. So verkündet die 2007-er Denkschrift die zweifellos gute Botschaft "Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen", und der 2008-er Denkschrift geht es um das "Ziel gerechter Teilhabe aller an den wirtschaftlichen und sozialen Prozessen", konkret auch um Maßstäbe für kirchliches Handeln.

Daß zwischen Ziel und Anspruch einerseits und tatsächlichem Handeln Widersprüche bestehen, liegt in der Natur der Sache: Wäre das Handeln, um in den Worten beider Denkschriften zu sprechen, nach christlichem Verständnis gerecht, bedürfte es nicht der großen Anstrengungen, diese genuin christliche Orientierung aber- und abermals durchzubuchstabieren und schließlich kostenträchtig zu kommunizieren. Was jedoch keinesfalls in der Natur der Sache liegt – nämlich der unverzichtbaren Aufgabe, auf dem Weg der Gerechtigkeit und des Friedens zu sein –, ist das allenthalben beobachtbare Gegenteil hierzu in anderweitigen kirchlichen Verlautbarungen, Anweisungen oder gar Maßnahmen, die im gleichen Zeitraum deutlich werden.

So sieht die mittelfristige Finanzplanung für die EAK – Ev. Arbeitsgemeinschaft zur Betreuung von Kriegsdienstverweigerern – eine Reduktion des Etats um rund 50% vor. Dieser betrug bisher nur rund 1/5 der kirchlichen Aufwendungen für die Militärseelsorge – über € 100,- je ev. Soldaten. Korrekterweise muß hierzu die rund 1,5 mal so hohe staatliche Unterstützung hinzugerechnet werden. Das ohnehin schon krasse finanzielle Mißverhältnis zwischen der EAK-Arbeit und der Militärseesorge von 1:11 soll nun gar auf 1:22 verschärft werden! Doch damit nicht genug: Das bisherige, sehr gut die Zielgruppe – der Kriegsdienstverweigerer, Zivildienstleistenden und jungen
Leute in Freiwilligendiensten – erreichende Zeitschrift "zivil" soll nun gar völlig wegfallen oder in einer neuen Zeitschrift aufgehen, die den bezeichnenden Namen "Schimmer" tragen soll.

Angesichts der beschlossenen oder bereits implementierten finanziellen Strangulierung der EAKArbeit könnte man wohl zu dem Schluß kommen, daß die finanzierenden Stellen entweder keinen Schimmer von der Bedeutung der Arbeit haben oder aber diese Arbeit bestenfalls nur noch mit einem (blassen) Schimmer deutlich werden lassen wollen. Alles das, was über diese Arbeit bisher an Kompetenz, Erfahrung und Anerkennung erworben wurde, steht damit auf dem Spiel.

Eine dritte Erklärungsmöglichkeit für das ausgesprochen gegen die eigenen Ziele gerichtete tatsächliche Handeln der einschlägigen EKD-Dienststellen muß im Grunde allen Christinnen und Christen geradezu den Atem verschlagen: Die EKD und die Synode als ihr oberste Parlament können es gar nicht Ernst mit jenen so wortreich, oft auch evangeliumsnah formulierten Zielen meinen, wenn sie sich in der Umsetzung nicht auf den Weg der Zielerreichung machen – oder wenn sie gar genau die Gegenrichtung einschlagen. Ein fast unendlich hohes Gut droht hier – möglicherweise für ein Linsengericht kurzfristiger Wohlgefälligkeit bei den gesellschaftlich und finanziell Mächtigen – preisgegeben zu werden, nämlich das der Glaubwürdigkeit.

Ganz im Gegensatz zur herrschenden, ökonomistisch bestimmten Sprache ist Glaubwürdigkeit kein Produkt, das man herstellen kann, sondern ein hohes, für Kirchen unschätzbar hohes Gut, das wohl nur ein des Glaubens würdiges Handeln schenken kann. Gerade in einer Zeit der fast allgemeinen Irritationen – ja der Irrungen und Wirrungen einerseits und des Ringens um Integrität in Politik und Wirtschaft andererseits – muß es doch den Kirchen ein Herzensanliegen sein, mit den (bisher noch) erreichten Menschen in tragfähiger Verbindung zu bleiben und mit den hoffentlich noch erreichbaren Menschen in gute Verbindung zu kommen. Im Falle der EAKArbeit hieße das, – die Finanzierung etwa in den nächsten fünf Jahren auf gleiches Niveau wie die kirchlichstaatliche Militärseelsorge anzuheben und – alle weiteren Versuche sofort einzustellen, der personalen und medialen Pflege einer guten Kommunikation den Garaus zu bereiten.

Das sind nicht nur gute sondern notwendige Dienste an den Menschen und der Glaubwürdigkeit, erst recht in dieser Zeit, in der es auch um belastbare Belege dafür geht, daß und wie die Kirche(n) zur Überwindung der Gewalt durch konkrete Arbeit am Frieden wirksam beiträgt (beitragen).

Ist es denn wirklich nötig, die christlichen Kirche(n) an ein Grundelement ihrer Verkündigung zu erinnern, nämlich die Umkehr, also falsche Orientierungen aufzugeben und Wege der Nachfolge Christi mutig und ermutigend zu beschreiten?

(Christoph Rinneberg)


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Internationaler Versöhnungsbund Deutscher Zweig e.V.
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