Dies ist das Archiv der alten DFG-VK-Webseite. Sie war von 2007 bis 19. Oktober 2015 online. Schau Dich gern um.
Die aktuelle Seite findest Du unter www.dfg-vk.de.

»Nicht nur bei Ostermärschen aktiv gegen Oliv«22.03.2008

Monty Schädel - www.montyschaedel.de

Der Bundeswehreinsatz in Afghanistan ist ein Schwerpunkt der Friedensbewegung. Ein Gespräch der jungen Welt mit Monty Schädel

Fünfzig Jahre gibt es die Ostermarschbewegung. Diesmal ist eines der Hauptthemen »Truppen raus aus Afghanistan«. Mit welchen Aktionen wollen Sie Druck auf die Bundesregierung ausüben?
Wir wollen das Thema Krieg wieder in die Öffentlichkeit bringen. Die Bundesregierung versucht, den Afghanistan-Einsatz immer wieder unter anderen Gesichtspunkten zu propagieren: Die Bundeswehr hilft hier, die Bundeswehr hilft dort. Wir wollen bewußt machen, daß sie dort Krieg führt. Zu Ostern startet die Friedensbewegung zusammen mit der Kooperation für den Frieden, die pazifistisch und religiös ausgerichtet ist, und dem Kasseler Friedensratschlag, der eher sozialistisch und antimilitaristisch geprägt ist, eine Petition an den Bundestag. Damit appellieren wir an die Abgeordneten, nicht für die Verlängerung des Kriegseinsatzes in Afghanistan zu stimmen. Für die Zeit vom 1. bis 9. Mai planen wir eine bundesweite Aktionswoche. Wir werden Veranstaltungen durchführen und Bundestagsabgeordnete besuchen.

Wissen die schon von ihrem Glück?
Wenn sie die friedenspolitischen Nachrichten und Internetseiten anschauen, wissen sie es. Wir werden auch die Bundes- und Landesparteitage von SPD und Grünen mit unserer Anwesenheit erfreuen und immer wieder Gespräche mit Entscheidungsträgern führen.

Im Gegensatz zum politischen Protest gegen den G-8-Gipfel hatten die Ostermärsche in den vergangenen Jahren mitunter etwas von einem »historischen Reflex«. Man geht halt auf die Straße, wie etwa am 1. Mai. In manchen Regionen waren sie eher Osterspaziergang oder Szenetreff, für junge Leute wenig attraktiv. Woran liegt das?

Das lag in den vergangenen Jahren vielfach an der nicht wahrnehmbaren persönlichen Bedrohung für junge Leute. Mit der Bundeswehr hatte man kaum etwas zu tun. Man verweigerte, und dann war man raus. Heute ist das anders. Die Medien berichten, daß die Bundesrepublik im Krieg ist. Die Jugendlichen bekommen es über Bundeswehr-Werbeveranstaltungen in Schulen und Arbeitsämtern mit. Bei Konzerten, Ausbildungsmessen und anderen Großveranstaltungen trat die Bundeswehr mit Infoständen auf. So erfahren junge Leute, daß es sie ganz direkt betreffen kann. Das Wort Krieg wird zwar dabei meist gemieden. Was solche Einsätze für sie bedeuten können, vermitteln wir den Jugendlichen.

Also sind Sie guten Mutes, daß die Ostermärsche für junge Leute interessant werden?
Sicherlich wird es auch Latschdemos geben. Aber es kommen zunehmend mehr und jüngere Leute, zumal wir auch auf neue Aktionsformen wie Fahrrad- und Skater-Demos setzen.

Muß die Friedensbewegung junge Leute in Zeiten, in denen die Bundeswehr sie verstärkt umwirbt, gezielter ansprechen?
Das tun wir ja nicht nur bei den Ostermärschen, sondern auch dort, wo die Bundeswehr auftritt. Wir zeigen, daß es dabei nicht darum geht, die Welt kennenzulernen. Wir beleben den alten Slogan »Aktiv gegen Oliv« aus den 80er Jahren.

»Kein Job? Hartz IV? – Geh’ zur Bundeswehr«, so wird die Misere Arbeitsloser ausgenutzt...
Es gibt viele, die das so sehen. Gerade in Mecklenburg-Vorpommern, wo ich wohne, ist die soziale Situation saumäßig. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt trotz der Bereinigung der Statistik durch die Hartz-Gesetze immer noch bei 17,8 Prozent. Da hat die Bundeswehr große Chancen.

Das geht auch die Sozialaktivisten etwas an. Die Ökologiebewegung ist ebenso angesprochen: Durch und für Kriege werden Umweltressourcen verschwendet. Man bedenke nur: Welche Energieverschwendung durch Militärflugzeuge und Panzer! Wegen Öl, Gas und Wasser werden Kriege geführt. Allerdings fühlen sich umgekehrt häufig auch Friedensaktivisten nicht für Proteste von sozialen und ökologischen Bewegungen zuständig. Wünschenswert wäre, daß es eine ordentliche Arbeitsteilung gibt, daß man aber auch die Zusammenhänge nicht aus den Augen verliert.

Finden Pazifisten und radikalere Antimilitaristen bei den Ostermärschen zusammen?
Die radikale Linke macht mit, darunter Leute, die das nicht so gewaltfrei tun wollen wie wir von der DFG-VK. Andererseits wollen wir bei einem Camp vom 23. bis 31. August die Atomwaffen inspizieren, die in Büchel in Rheinland-Pfalz lagern. Dabei werden wir am 30. August auf das Gelände vordringen. Wir wollen damit darauf aufmerksam machen, daß nicht nur im Iran und anderswo, sondern auch in der Bundesrepublik Atomwaffen lagern.

Interview: Gitta Düperthal

Monty Schädel ist politischer Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK)

Quelle:
http://www.jungewelt.de/2008/03-22/048.php


Mehr Informationen: http://www.afghanistankampagne.de

[zurück]

Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen • 2018 • Impressum