Dies ist das Archiv der alten DFG-VK-Webseite. Sie war von 2007 bis 19. Oktober 2015 online. Schau Dich gern um.
Die aktuelle Seite findest Du unter www.dfg-vk.de.

Krieg in Kurdistan25.02.2008

www.jungewelt.de

USA unterstützen türkischen Einmarsch im Nordirak. Parlament in Erbil vermutet Schwächung der kurdischen Regionalregierung als Ziel der Aggression

Von Nick Brauns

Die am Donnerstag in den kurdischen Nordirak einmarschierte türkische Armee stieß am Wochenende auf den Widerstand von Guerillakämpfern der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Während der Generalstab in Ankara mitteilte, bei den Kämpfen seien bis Sonntag Nachmittag 112 PKK-Kämpfer und 15 Soldaten ums Leben gekommen, nannte PKK-Sprecher Ahmed Deniz 24 getötete türkische Soldaten, davon zwei auf türkischem Gebiet. Bislang seien lediglich zwei Guerillakämpfer gefallen. Die Guerilla habe die Leichen von 15 türkischen Soldaten im Gebiet des Flusses Zap geborgen und werde deren Identität öffentlich machen. Bei Gefechten nahe der Grenzstadt El Amadijah schoß die Guerilla nach eigenen Angaben am Samstag einen türkischen Cobra-Kampfhubschrauber ab. Unter Berufung auf Militärkreise meldete der Fernsehsender CNN-Türk, die Operationen im Nordirak würden etwa zwei Wochen dauern. Türkische Fernsehsender zeigten Kommandoeinheiten in Winterkampfanzügen im Einsatz.

Der Oberkommandierende der kurdischen Volksverteidigungskräfte HPG, Bahoz Erdal, rief die kurdische Bevölkerung in der Türkei zum Aufstand. »Wenn sie uns zerstören wollen, dann müssen unsere jungen Leute die Städte der Türkei unbewohnbar machen.« An den Angriffen im Nordirak seien US-amerikanische Spionageflugzeuge beteiligt. »Sie versorgen die türkische Armee mit Informationen über unsere Stellungen, und dann bombardieren türkische Kriegsflugzeuge das Gebiet«, so Bahoz Erdal. US-Verteidigungsminister Robert Gates rief die türkische Armee zu einem zügigen Rückzug aus dem Irak auf, sobald die »Mission erfüllt« sei. Außenministerin Condoleezza Rice hatte bereits am Freitag ihre Solidarität mit dem türkischen Vorgehen erklärte und die PKK den gemeinsamen Feind der USA und der Türkei genannt. Die US-Besatzungstruppen verlegten am Sonntag 70 M-1-Abrahams-Kampfpanzer sowie Schützenpanzer von Mosul in die Provinz Dohuk an der türkischen Grenze.

Die kurdische Regionalregierung in der nordirakischen Autonomiezone hatte sich am Samstag für neutral erklärt. »Wir werden keine Kriegspartei sein im Kampf zwischen der Türkei und der PKK. Nur wenn die Türken Bürger unseres Staates oder bewohnte Gebiete angreifen, dann werden wir erbitterten Widerstand leisten«, erklärte der kurdische Präsident Masud Barzani. Am Sonntag forderte Barzani auf einer Pressekonferenz am Regierungssitz Erbil US-Präsident George W. Bush auf einzuschreiten, weil die türkische Armee auch die Infrastruktur des Autonomiegebietes zerstöre.

In einer Resolution des kurdischen Parlaments heißt es, die türkischen Rechtfertigungen für die Bodenoffensive seien vorgeschoben. In Wirklichkeit gehe es der Türkei um die Destabilisierung des »demokratischen Prozesses« in der Region Kurdistan. Auch Autoren der unabhängigen Website Kurdishmedia mutmaßen, das tatsächliche Ziel von USA und Türkei sei die Schwächung der kurdischen Regionalregierung. Diese solle auf die Umsetzung des Artikels 140 der irakischen Verfassung verzichten, der die Angliederung weiterer kurdisch besiedelter Gebiete des Irak inklusive der Erdölstadt Kirkuk an das Autonomiegebiet regelt. Eine bereits für Dezember 2007 geplante Volksabstimmung war auf Druck der US-Besatzer auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Eine solche Schwächung der kurdischen Regierung war neben der Bekämpfung der PKK die Hauptforderung Ankaras, um im Gegenzug die aggressive Politik der USA und Israels gegen den Iran zu unterstützen.

Mehr Informationen: http://www.jungewelt.de/2008/02-25/065.php

[zurück]

Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen • 2018 • Impressum