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Erstmals bereitet ein Bündnis Aktionen gegen den Europäischen Polizeikongress in Berlin vor
Von Tim Zülch

Vom 29. bis 30. Januar findet in Berlin der 11. Europäische Polizeikongress statt. Ein neu geschmiedetes Bündnis plant eine Gegenkampagne.

Sicherheit ist hier nicht billig zu haben: 1185 Euro kostet die Teilnahme am 11. Europäischen Polizeikongress, der Ende Januar in Berlin stattfinden wird. Geld, das sich vor allem für Sicherheitsfirmen und Kommunikationsunternehmen lohnt, denn auf der Konferenz werden sich nicht nur die Polizeichefs Europas, sondern auch Militärausstatter über die neuesten sicherheitstechnischen Entwicklungen informieren und auf Podien mit hochrangigen Politikern Europas zukünftige Sicherheitsarchitektur besprechen. Dabei stehen auf dem Kongress eher der informelle Erfahrungsaustausch als konkrete Entscheidungen im Vordergrund.

Erstmals hat ein Bündnis zu Protesten gegen diese alljährlich stattfindende Konferenz aufgerufen. Hanne Jobst von der organisierenden Gipfelsoli-Infogruppe wundert sich selbst darüber, dass die Konferenz bisher niemanden interessiert hat. »Wir sind durch die G8-Nachbereitung drauf gestoßen, weil auf dieser Konferenz das G8-Treffen vorbereitet wurde und dieses Jahr voraussichtlich nachbesprochen wird.« Mittlerweile beteiligen sich an der Kampagne neben G8-Gruppen auch Initiativen gegen Militarisierung und das Komitee für Grundrechte und Demokratie. Die Kampagne plant eine Demonstration am 29. Januar und eine kritische Begleitung des Kongresses. »Auf dem Kongress sind alle Bereiche von Repression und Überwachung repräsentiert, gegen die wir seit Jahren kämpfen«, erläutert Jobst.

So wird Holger H. Mey, Vize-Präsident des Hauptsponsors EADS, über »Security at Home and Abroad – Cooperation between the Police and the Military« berichten. Die Zusammenarbeit von Polizei und Militär, ein Thema, das sich durch die Konferenzgeschichte zieht. Schon letztes Jahr referierte John L. Clarke vom »Europäischen Zentrum für Sicherheitsstudien« über Erfahrungen des Homeland Security-Programms in den USA. Danach könnten Armeen Aufgaben im Innern übernehmen: Sicherheit von Regierung, Infrastruktur, Transport, Grenzen und Großereignissen. Zu Missionen einer Armee als »Unterstützung für die Verteidigung gegen zivile Unruhen« gehören auch, so John L. Clarke, »Krawalle und Aufstände« sowie »Imposition of Martial Law«, zu deutsch: Kriegsrecht.

Ein Konzept, dessen konkrete Umsetzung sich bereits bei den G8-Protesten zeigte, als Bundeswehr-Panzer und Tornados zur Aufklärung eingesetzt wurden. Auch für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist, wie sie letztes Jahr in Berlin betonte, »die alte Trennung zwischen innerer und äußerer Sicherheit (...) von gestern«. Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) wird auf der Konferenz einen Vortrag über die Folgen der Erweiterung des Schengenraums halten. Dazu wird er auf einem Podium zusammen mit den Innenministern von Rumänien, Polen, Estland, Kroatien und Litauen diskutieren. Für Hanne Jobst vom Vorbereitungsbündnis ist vor allem die Mitarbeit von Schäuble in der sogenannten Future Group interessant. Dies sei eine informelle Gruppe, die sicherheitspolitische Leitlinien zum Kampf gegen den Terrorismus und in europäischen Migrationsfragen entwickele.

Der Kreis der Aussteller und Sponsoren ist breit. Er reicht von EADS über SAP, Siemens und IBM bis zu Bosch und zur Bundesdruckerei. Diese Firmen gehören schon heute zu den Lieferanten des Sicherheitssektors. Sie entwickeln die Technologien, die von der Videoüberwachung über die Biometrie und die Gesichtserkennung bis hin zum Digitalfunk und zu Methoden der elektronischen Datenauswertung und des Data Mining reichen.

Das Komitee für Grundrechte und Demokratie sieht aus diesem Grund im Kongress einen »Ausdruck des sich entwickelnden polizeilich-industriellen Komplexes«. Er sei »eine Werbeveranstaltung für die zunehmende Einschränkung der Grund- und Menschenrechte aller BürgerInnen«.

Die Polizei hat mittlerweile, wie Hanne Jobst dem ND mitteilte, sowohl die Auftaktkundgebung vor dem Dussmann-Kaufhaus in der Friedrichstraße als auch die Abschlusskundgebung am Kongresszentrum verboten. Außerdem habe sie angekündigt, den Verbots-Bescheid erst sehr kurzfristig zuzustellen. Damit werde ein Einspruch vor Gericht erschwert, so Jobst.

Mehr Informationen: http://www.euro-police.noblogs.org

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