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Aus der Deutsch-französischen Geschichte lernen – Frieden ist der kategorische Imperativ 20.01.2013

Friedenstaube KoopFrieden

ERKLÄRUNG DES DEUTSCH-FRANZÖSISCHEN FRIEDENSSEMINARS

Am 19. und 20.01.2013 trafen sich in Berlin Menschen aus der deutschen und der französischen Friedensbewegung (zu ersten Mal seit fast 15 Jahren) zu einem zweitägigen Seminar.
Direkter Anlass war die gemeinsame Veranstaltung des Deutschen Bundestages und die Französische Nationalversammlung zum 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Élysée Verträge, die mit die Grundlage fu?r die deutsch französische Freundschaft in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts legten. 50 Jahre danach soll diese Freundschaft und der Frieden zwischen den Nationen feierlich
begangen werden.

Es ist eine Freundschaft der Staaten und Regierungen, aber zuerst ist es eine Freundschaft der Völker nach Jahrhunderten des Hasses und der Kriege. Frieden und Versöhnung zwischen Deutschland und Frankreich ist eine historische Errungenschaft die verstärkt werden muss. Mehr Friedensengagement von unten ist dringend erforderlich – gerade auch angesichts aktueller militärischer Interventionen der beiden Regierungen und in Vorbereitung des 100. Jahrestages des Kriegsbeginns des 1. Weltkrieges 2014.

Frieden zwischen Deutschland und Frankreich heißt nicht, dass Deutschland und Frankreich keine Kriege mehr fu?hren! Deutschland und Frankreich befinden sich im Krieg. Gegen die offiziellen Friedensreden, die nur die aktive kriegerische Rolle verdecken und vergessen lassen sollen, halten wir fest: Deutschland und Frankreich befinden sich nicht in einem Krieg gegeneinander sondern gemeinsam kämpfen sie fu?r eine neoliberale geostrategischen Neuaufteilung der Welt, zur Sicherung der Ressourcen und Profite – in Mali, in Afghanistan, in Somalia und auf dem Balkan. Der sogenannte „Krieg gegen den Terror“ stärkt und entwickelt „terroristische Kräfte“ und ist völlig ungeeignet, den sozialen und gesellschaftlichen Hintergrund des Fundamentalismus zu beseitigen. Krieg ist Terror gegen die Menschen. Frieden und Lösungen der globalen Herausforderungen können nur auf der Grundlage von ziviler Konfliktbearbeitung, sozialer Gerechtigkeit, Demokratie, Ausgleich und Versöhnung der Menschen und mit der Natur erreicht werden.

Wir lehnen jede Form der Interventionen als moderne Fortsetzung des Kolonialismus ab. Kriege lösen keine Probleme, sie verschärfen sie nur! Es bleiben friedensgefährdende Entwicklungen, die nicht vergessen oder untergehen du?rfen – auf beiden Seiten des Rheins.

Gerade angesichts der tiefen zivilisatorischen europäischen Krise und der Kriege in die Europa und auch Deutschland und Frankreich verwickelt sind, mu?ssen historische Entwicklungen und aktuelle Herausforderungen thematisiert werden.
Dieser Aufgabe „Frieden und Friedensgeschichte von unten“ wollen sich die deutsche und französische Friedensbewegung verstärkt gemeinsam widmen – zusammen mit vielen anderen: Historikern, Mayors for Peace, etc. Die aggressive Rolle beider Länder in der Vorbereitung des 1. Weltkrieges sowie das jahrzehntelange aktive – oft politisch verfolgte - Friedensengagement der Menschen bedu?rfen einer viel stärkeren Beachtung.

Der 1. Weltkrieg war „kein Zufall der Geschichte“ sondern die konsequente Fortsetzung einer Politik der Neuaufteilung der Welt zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Historisch ist in Deutschland die Rolle der Resistance im Kampf gegen den barbarischen deutschen Faschismus nicht aufgearbeitet worden, der Widerstandskampf des französischen Volkes (unter Beteiligung einzelner Deutscher) gegen Besatzung und Terror ist unterbelichtet. Die Verantwortung Deutschlands fu?r zwei Weltkriege darf gerade 50 Jahre nach diesen Verträgen nie vergessen werden. Frankreichs Verbrechen im Kampf gegen die koloniale Befreiung und Unabhängigkeit Algeriens und im Indochina-Krieg du?rfen nicht verdrängt werden, ebenso wie seine militärischen Interventionen in Afrika. Es waren die Friedensbewegungen beider Länder - verfolgt und diskreditiert von ihren Regierungen - die fu?r Frieden und Freiheit eintraten.

Aktuell steht dem Frieden und der Abru?stung die europäische Militarisierung entgegen, wie sie im Lissabon-Vertrag festgelegt ist. Die weltweite Interventionspolitik der Europäischen Union, u.a. in Afghanistan und Mali bedeutet Krieg, Leid und Zerstörung in vielen Teilen der Welt. Frankreich ist nach wie vor Atommacht, Deutschland betreibt völkerrechtswidrig eine Politik der nuklearen Teilhabe. Die Lehren aus den beiden Weltkriegen „nie wieder Krieg“ wurden in den Regierungspolitiken in Deutschland und Frankreich nicht gezogen. Wir treten ein fu?r eine Welt ohne Atomwaffen und Krieg.

Wir wissen: die neoliberale Politik der Regierungen beiderseits des Rheins missachtet täglich grundlegende Menschenrechte in beiden Ländern und weltweit. Sie ist verantwortlich fu?r ein kriegsbefu?rwortendes Klima, fu?r Feindbilder und fu?r die Banalisierung der Konsequenzen von Krieg. Das Vergessene und Verschwiegene thematisieren, gegen verbrämende Festlichkeit ist das Ziel unserer gemeinsamen Arbeit, an diesem Wochenende und in den nächsten zwei Jahren. Wir werden uns deshalb auch im Januar 2014 – 100 Jahre später - zum 2. Seminar in Verdun treffen. Wir wollen weiter diskutieren und uns u?ber neue und offene Fragen austauschen. Dies in Anbetracht der Komplexität der internationalen Situation erfordert.

Unser Friedens-Seminar ist deshalb auch Protest gegen die offiziellen Feierlichkeiten. Frieden, Völkerfreundschaft, Abru?stung und zivile Konfliktlösungen sollen im Mittelpunkt aller Überlegungen stehen.
Wir brauchen eine Demilitarizierung der Köpfe, um unser Ziel einer Kultur des Friedens zu erreichen.

Krieg löst keine Probleme! Frieden ist die ultima ratio!

Berlin, den 20.02.2013


Initiiert von “No to war- No to Nato Network”
mit Unterstu?tzung von “Mouvement de la paix”, Frankreich,
“Collectif Otan – Afghanistan – Non a la guerre- Non a l`Otan”, Frankreich und
“Kooperation fu?r den Frieden”, Deutschland


Mehr Informationen: http://www.1914-2014.eu

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