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pax christi fordert Freilassung von palästinensischem Menschenrechtsverteidiger16.02.2011

pax christi

Gewaltloser Widerstand Thema bei pax christi-Tagung

Die Hoffnung auf Wandel, Demokratisierung und Überwindung von Repression, die
Ägypten und Tunesien erfasst hat, zeigt sich auch in Palästina. In den letzten
Wochen ging es bei den wöchentlichen Demonstrationen in den Dörfern entlang der
Sperranlage in der von Israel besetzten Westbank, neben dem Protest gegen Mauer
und Siedlungen, auch um die Solidarität mit den Demonstrierenden auf dem Tahrir
Platz in Kairo.

Gegen die Demonstranten und ihre Angehörigen geht das israelische Militär mit
zunehmender Härte vor. Seit Beginn der Proteste gegen Mauer und Siedlungen sind
dabei 17 Menschen umgekommen. Ende Januar 2011 waren nach Angaben der
Gefangenenhilfsorganisation Addameer 20 palästinensische
Menschenrechtsverteidiger in israelischer Haft.

Ein wichtiger Akteur dieses gewaltfreien Widerstandes, Abdallah Abu Rahma, ist
immer noch in Haft. Der international anerkannte Menschenrechtsverteidiger und
Lehrer an der katholischen Schule in Ramallah leitet in seinem Heimatdorf Bilin
bei Ramallah/Westbank die friedlichen Proteste gegen die dort von der
israelischen Besatzungsmacht völkerrechtswidrig errichtete Sperranlage. Diese
steht in Bilin nicht auf der Waffenstillstandslinie zwischen Israel und der
Westbank, sondern trennt das Dorf von der Hälfte seines Landes ab. ”Wir sind
nicht gegen die Juden oder gegen die Israelis, wir sind gegen die Besatzung”,
erklärte der auch als palästinensischer Gandhi bezeichnete Abu Rahma gegenüber
dem mit pax christi verbundenen Arab Education Institute in Betlehem. ”Was mich
weitermachen lässt? Es ist die Hoffnung, dass diese Mauer entfernt werden kann.
Das ist unser Recht. Wir haben ein Recht auf unser Land. Wir haben keine Wahl.
Wie sollen wir ohne unser Land Häuser für unsere Kinder bauen können?” Hoffnung
schöpft er auch durch die Anwesenheit internationaler Freiwilliger, auch aus der
israelischen Friedensbewegung. ”Mitglieder der israelischen Friedensbewegung
kommen Tag und Nacht. Wann immer wir sie brauchen, kommen sie sofort.”

Der kreative und friedliche Widerstand in Bilin gegen die israelische Besatzung
hat internationale Aufmerksamkeit und Unterstützung gefunden. pax christi
unterstützt diesen Widerstand, dessen Ziel das Ende der Besatzung ist. pax
christi erwartet Abu Rahma, der Träger der Ossietzky Medaille der
Internationalen Liga für Menschenrechte ist, zu einer internationalen Tagung im
Mai in Bad Boll bei Stuttgart, bei der es u.a. um das Thema Gewaltloser
Widerstand und Feindesliebe der palästinensischen Kirchen geht.

Abu Rahmas zunächst einjährige Haft begann am Tag der Menschenrechte, dem 10.
Dezember 2009. Im Januar 2011 wurde sie um vier weitere Monate verlängert. Ihm
wird vorgeworfen, die friedlichen Proteste angeführt zu haben. Laut Aussage der
Strafverfolger soll dies ”der Abschreckung etwaiger Nachahmer dienen”. 111
Festnahmen von Aktivisten zählte der palästinensische Zusammenschluss von
Nichtregierungsorganisationen „Stop the Wall“ zwischen April und Juni 2010.
Darunter sind auch zahlreiche Minderjährige.

Das Militärgericht sprach Abu Rahma schuldig wegen Aufwiegelung, Organisation
und Teilnahme an illegalen Demonstrationen. Es beruft sich dabei lediglich auf
Aussagen Minderjähriger, die nachts verhaftet worden waren und denen ein
Beistand durch einen Anwalt verweigert worden war. Aufwiegelung ist nach
israelischem Militärgesetz definiert als ”Versuch verbal oder anderweitig die
öffentliche Meinung in der Gegend zu beeinflussen, die den öffentlichen Frieden
oder die öffentliche Ordnung stören könnte.”

pax christi sieht das Urteil als politisch begründet an. Dadurch setzt sich
nicht nur die Besatzungsbehörde ins Unrecht, dadurch wird auch ein gewaltfreier
Wandel in Palästina verhindert. pax christi begrüßt den Einsatz der
Außenbeauftragten der EU, Lady Cathrin Ashton und anderer EU-Regierungen für die
Freilassung von Abu Rahma und die Rechte friedlicher Demonstranten in Palästina.
pax christi sieht in Abdallah Abu Rahma einen gewaltlosen politischen Gefangenen
und schließt sich der Forderung von Amnesty International an, ihn als solchen
(prisoner of conscious) zu behandeln. Der Grund seiner Verhaftung sei - so ai -
einzig und allein die friedliche Ausübung seines Rechts auf freie
Meinungsäußerung und Versammlung. pax christi fordert die sofortige und
bedingungslose Freilassung von Abdallah Abu Rahma.

Ansprechpartnerin bei pax christi für die Presse: Christine Hoffmann

Mehr Informationen: http://www.paxchristi.de

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