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Ostermärsche - Krieg spielt den Terroristen in die Hände22.03.2008

Thomas Carl Schwoerer

Pazifisten fordern "Bundeswehr raus aus Afghanistan". Der Friedensaktivist Thomas Carl Schwoerer sagt, warum.

Das Konzept der militarisierten Außenpolitik ist gescheitert - in Afghanistan, Irak und dem Kosovo. In Afghanistan ist aus einem Einsatz zur Stabilisierung des Wiederaufbaus ein Krieg gegen aufständische Kämpfer geworden, mit der Bundeswehr als Kriegspartei. Jeder Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit. Der Afghanistan-Krieg ist nicht mal ein effektives Mittel, um die ihn rechtfertigenden Ziele

Wer in den Kategorien konventioneller Kriege denkt, spielt Terroristen zudem in die Hände: Mit jedem Bombardement und jedem Tod von Zivilisten, der unweigerlich im Afghanistan-Krieg geschieht, macht sich der Westen Feinde und führt den Terroristen Rekruten zu, die der Rachegedanke antreibt. Dass der Afghanistan-Krieg nicht effektiv den Terrorismus bekämpft, haben die Niederlande und Kanada bereits erkannt, die ihren Rückzug bis Weihnachten 2010 bzw. 2011 unwiderruflich angekündigt haben. Nach Umfragen erkennt dies auch die deutliche Mehrheit der deutschen Bevölkerung. Die Anzahl der Befürworter dürfte weiter abnehmen, nachdem Bundeswehr und Bundesregierung eine Kampftruppe einsetzen und die Zahl der Soldaten weiter erhöhen wollen. Für den Militäreinsatz wird sechsmal soviel ausgegeben wie für den zivilen Aufbau Afghanistans.


Abzug ausländischer Truppen

Die Ausbreitung islamistischen Terrors zu verhindern, ist ein politisches und kein militärisches Ziel. Es geht darum, Terroristen von der sie unterstützenden Gemeinschaft zu isolieren und potenzielle Rekruten davon abzuhalten, sich ihnen anzuschließen.

Die Voraussetzung dafür sind Verhandlungen zwischen allen Kriegsparteien über einen Waffenstillstand und einen Friedensprozess, statt weiterem Drehen an der Gewalt-Spirale. Wenn Seymour Hersh, einer der angesehensten Journalisten, Recht damit hat, dass der Afghanistan-Krieg zum Scheitern verurteilt ist, ist es besser, jetzt zu verhandeln als zu einem aussichtslosen Zeitpunkt. Denkbar sind die Schritte:

- Einstellung aller militärischen Aktivitäten, Abzug ausländischer Truppen
- Zivile Hilfe in Höhe der jetzigen Militärausgaben für die Infrastruktur und lokale Projekte, die den Menschen eine wirtschaftliche Perspektive außerhalb des Drogenhandels eröffnen
- Bildung einer neuen Koalitionsregierung und Stärkung der lokalen staatlichen Strukturen unter Einbindung afghanischer Konfliktparteien und Gruppierungen
- Einrichtung einer regionalen Konferenz für Sicherheit und Entwicklung unter Einbindung aller Nachbarstaaten.


Keine Lösung für Konflikte

Den Irak-Krieg beurteilt das Internationale Komitee vom Roten Kreuz als Katastrophe für die Menschen. Und der Kosovo-Krieg? Der löste das aus, was er vorgeblich beenden sollte: eine Zunahme der Menschenrechtsverletzungen.

Erst nach den Nato-Bombardierungen und verstärkt durch die darauf folgenden serbischen Racheakte begann der Flüchtlingsexodus aus dem Kosovo. Nach dem Waffenstillstand wurde die Mehrheit der Serben vertrieben, nun durch die Albaner. Der Krieg brachte keine Lösung für die Konflikte im Kosovo, sondern hat im Gegenteil ein friedliches Zusammenleben der Bevölkerungsgruppen in weite Ferne rücken lassen. So gab es vor wenigen Tagen schwere gewalttätige Auseinandersetzungen im Norden Kosovos.

Die Alternative? Noch im Oktober 1998 war die Entsendung von 6000 OSZE-Beobachtern vorgesehen. Doch die gleichen Staaten, die ein halbes Jahr später Milliarden Euro für die Bombardierung, Zerstörung und den Wiederaufbau Jugoslawiens aufwendeten, waren nicht bereit, das zugesagte Kontingent aufzufüllen.


Thomas Carl Schwoerer ist Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner Innen, der ältesten und einer der wenigen bundesweiten Friedensorganisationen. Er ist Verleger des Campus Verlags Frankfurt/New York.

Quelle:
Frankfurter Rundschau vom 22.03.2008
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=1307381

Mehr Informationen: http://www.afghanistankampagne.de

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